Neue Sächsische Galerie: Ausstellung Grafik II Partitur

Ausstellung Grafik II Partitur – Eine vierteilige Ausstellungsreihe

Die vierteilige Ausstellungsreihe stellt eine Versuchsreihe dar. Es werden verschiedene Formen bildkünstlerischen Arbeitens auf ihre Tauglichkeit zur musikalischen Interpretation im Sinne einer Notenschrift untersucht. Dabei werden nur Arbeiten in Betracht gezogen, die nicht schon von vornherein als grafische Partituren erzeugt wurden. Die Grundannahme ist, dass beiden Kunstformen beziehungsreiche formale Strukturen zugrunde liegen, die eine systematische Ersetzbarkeit bzw. Deutbarkeit denken lassen. Wird so eine Interpretation durch die Musiker leistbar sein? Wie wird die vielfach gerichtete Fläche in eine Zeitachse transformiert? Wird sie sich zu einem interessanten musikalischen Ereignis formen? Wir sind gespannt.

Ausstellung 1: Variation
Ernst von Hopffgarten – Variationen in G
Matthias Lorenz – Bearbeitung der 32 Blätter des Zyklus Variationen in G für Violoncello solo

Ausstellungseröffnung am Freitag, 24. September, 19.30 Uhr mit Live-Aufführung der Bearbeitung für Violoncello solo durch Matthias Lorenz und anschließendem Gespräch zwischen Künstler, Musiker und Publikum (Moderator: Prof. Werner Holly)

Einführung: Mathias Lindner, Direktor Neue Sächsische Galerie
Eintritt frei

Abbildungen: Ernst von Hopffgarten, Variationen in G, Folge aus 32 Blättern, 2017, Aquatinta und Kaltnadelradierung, Druckplatte jeweils 30 x 40 cm, Thema, Variationen 2, 6, 25

Seit den 60er Jahren des 20. Jh. gibt es Versuche, die Grundlagen der musikalischen Notenschrift durch die Entwicklung spezieller grafischer Strukturen in Bildform zu erweitern. Ziel der Übung blieb lange Zeit das musikalische Ereignis, eventuell begleitet von grafisch attraktiven Blättern. Erst allmählich emanzipierte sich die grafische Form und machte damit die Herstellung der musikalischen Beziehung schwieriger aber auch interessanter.
Einen Schritt weiter stellt sich uns in der nun beginnenden Ausstellungsfolge die Frage: Eignet sich jedes bildkünstlerische Werk, um auf einer vertieften, durchaus analytischen Basis Grundlage musikalischer Ereignisse zu werden? Wenn man die Annahme zugrunde legt, die Künste müssten alle für ihre Adressaten mit Ausdrucksweisen agieren, die weitgehend konsistent und reich an Ausdrucksmöglichkeiten sind, sollte es gegenseitig erhellende Kommunikation geben können.
Die Musik braucht dazu in der Regel einen Interpreten, der die Verschriftlichung zum Klingen bringt. Im Bereich der bildenden Künste braucht es diesen Interpreten nicht, weil es keine zu interpretierende Partitur gibt, mit Ausnahme der concept art. Das Bild wirkt unmittelbar.

Zum Einsatz kommen also Grafiken als Zyklus oder Einzelblätter, die zunächst überhaupt nicht für eine musikalische Interpretation angelegt wurden, sondern ganz aus bildnerischem Sinn heraus entstanden. Oben formulierte Annahme erlaubt nun den Versuch, dass diese Blätter eine sinnvolle Grundlage ergeben für eine musikalische Interpretation im Sinne einer Partitur. Die vierteilige Ausstellungsreihe versucht, die befruchtende Kraft der stark aufeinander bezogenen Künste Musik und Grafik unmittelbar erlebbar zu machen und in Form eines folgenden oder integrierten verbalen Austausches zwischen Musikern, KünstlerInnen und Publikum zu vertiefen. Moderator aller vier Gespräche ist der Linguist Werner Holly.

Den Auftakt unserer Versuchsreihe gibt Ernst von Hopffgartens Radierzyklus Variationen in G. Seinerseits von Bachscher Musik angeregt stellt der Künstler hier den Entwicklungsprozess eines bildnerischen Motivs in der Freiheit der Variationsreihung vor. Der Cellist Matthias Lorenz präsentiert seine Weise, die Grafiken als spielbare Notenschrift zu verstehen.

Ernst von Hopffgarten wurde 1948 in Meißen geboren. Nach dem Abitur 1968 folgte das Studium der Malerei und Druckgrafik an der Hochschule für Bildende Künste Berlin. Seit 1978 arbeitet von Hopffgarten auch im skulpturalen Bereich. 1983 bis 1987 war er beim Aufbau der Bildhauerwerkstätten des BBK Berlins beteiligt. Im grafischen Bereich schuf von Hopffgarten zahlreiche Radierzyklen. Von 2000 bis 2018 entwickelte er gemeinsam mit dem Berliner Objektkünstler Burkhard Welzel Installationen und Klangobjekte. Als Künstlerduo „Kultursubstrat“ führten sie traditionelle Bildhauertechniken und modernste Computertechniken zu einer neuen Einheit im Grenzbereich zwischen Bildender Kunst und Musik zusammen. Seit dem Jahr 2006 arbeitet von Hopffgarten auch mit dem Cellisten Ulrich Maiß zusammen. In verschiedenen Projekten wird folgender Frage nachgegangen: Eine Partitur ist immer auch eine Grafik – kann eine Grafik auch Partitur sein? 2018 erklärte sich der Cellist Matthias Lorenz bereit, die Blätter des Zyklus Variationen in G für Violoncello solo zu bearbeiten. Ernst von Hopffgarten lebt und arbeitet seit 1996 im Landkreis Lüchow-Dannenberg, seit 2011 in Trebel. Homepage: ernstvonhopffgarten.de

Matthias Lorenz wurde 1964 in Bensheim/Bergstraße geboren, wo er auch seine Kindheit und Jugend verbrachte. 1986 nahm er sein Cellostudium in Frankfurt/Main bei Gerhard Mantel auf. Bereits vor Studienbeginn war die Entscheidung gefallen, den Schwerpunkt auf zeitgenössische Musik zu legen. Obwohl es einen solchen Studienschwerpunkt nicht gab, ließ er sich in den Freiräumen, die die Studienordnung bot, realisieren. Kurse bei Wolfgang Boettcher und Siegfried Palm und anderen ergänzten die cellistische Ausbildung. Zudem bedeutet für Matthias Lorenz die Beschäftigung mit Musikwissenschaft stets auch eine wichtige Unterstützung des Cellospielens. Seit dem Studienende ist er als freischaffender Cellist tätig, hauptsächlich mit zeitgenössischer Musik. Neben die E-Musik – zu der mittlerweile auch Musik mit Live-Elektronik zu rechnen ist – treten dabei immer wieder andere Genres. Randbereiche der Rock- und Popmusik (zusammen mit Albrecht Kunze und Irmin Schmidt), Bühnenmusiken (u.A. für das Frankfurter Ballett), Improvisierte Musik. Zu seinem solistischen Spiel sind im Laufe der Zeit zunächst das elole-Klaviertrio (2001) – seit 2018 Neues Klaviertrio Dresden – 2004 das ensemble courage und 2011 die Ostravská Banda hinzugekommen. Homepage: matlorenz.de

Begleitveranstaltung
Sonntag, 3. Oktober, 14 Uhr
Kunst in Familie: Klingende Grafik
Familiennachmittag mit dem Dresdner Cellist Matthias Lorenz

Öffentliche Führung dienstags 17 Uhr
Details zu den Veranstaltungen auf nsg-chemnitz.de

Öffnungszeiten täglich 11 bis 17 Uhr, dienstags bis 19 Uhr, feiertags 11 – 17 Uhr

Gefördert von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, vom Büro für städtisches Kulturmanagement Chemnitz und dem Neue Chemnitzer Kunsthütte e. V.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts.